Skip to content

Ralfi und die Religionen

Ralfi und die Religionen published on 1 Kommentar zu Ralfi und die Religionen

Ralfi von Tom's Diner ist sauer. Er befindet sich in einem Zustand starker Erregung über unser Islambild, obwohl wir ihm nie auch nur ansatzweise unser Islambild vorgestellt haben. Überhaupt hat er in seinem heiligen Zorn etwas die Kontrolle verloren; die letzte Antwort, die wir von ihm erhalten haben, setzt sich zusammen aus falschen Behauptungen, geistreichen Widerlegungen von Aussagen, die wir nie gemacht haben und wüsten Beleidigungen.
Alles in allem könnte man sagen: Recht putzig und nicht weiter beachtenswert. Dennoch sehen wir uns genötigt, noch einmal knapp auf Ralfis Anschuldigungen einzugehen und Stellung zu beziehen, damit niemand auf die falsche Idee verfällt, Ralfi hätte auch nur im Ansatz recht.

Der Ausgangspunkt des Streites war, daß wir hier einen kurzen Beitrag veröffentlicht hatten, der sich auf eine von Ralfi veröffentlichte Reaktion auf eine Aussage von Ralph Giordano bezog. Anders als Ralfi das offenbar verstanden hat, haben wir zu der Aussage Giordanos keinerlei Stellung bezogen, sondern lediglich zu Ralfis Reaktion. Die Ansicht, daß Frauen, denen in etlichen islamischen Ländern die Steinigung als Strafe für Vergehen wie Ehebruch droht, mit ihrer Position in diesen Gesellschaften vielleicht gar nicht unzufrieden sein müßten seien, war uns bedenklich erschienen, und allein darauf hatten wir uns bezogen. Wir hatten also in keiner Weise Giordano beigepflichtet oder widersprochen, der von islamischer Seite mehr Kritik an diesen Zuständen gefordert hatte.
Wie dem auch sei: Bei Ralfi setzte sofort die Empörung ein, denn als Advokat eines Rechtes auf Steinigung wollte er nun wirklich nicht gelten, wiewohl man seine Aussage durchaus dahingehend interpretieren konnte. In den Kommentaren zu Das Recht auf Steinigung reagierte er also so:

Euer Bild vom Islam möchte ich nicht haben Anscheinend habt ihr immer noch das Bild vom Mustafa im Kopf der jederzeit seine Aische verprügeln darf.

Wenn du in der Türkei (islamischer Staat!) eine Frau steinigst, dann dürfte das so uziemlich das letzte gewesen sein was du in deinem Leben gemacht hast.

Dabei fällt natürlich einiges auf: Ralfi greift unser "Bild vom Islam" an, ohne daß wir je etwas über unser "Bild vom Islam" geschrieben hätten, und er spekuliert über Bilder in unserem Kopf; Ralfi macht klar, daß Steinigung in der Türkei nicht als Strafe zum Einsatz kommt; Ralfi deutet an, daß Steinigen in der Türkei mit dem Tode bestraft wird.
Eigentlich hatten wir alles, das es dazu zu sagen gab, bereits in unserer Antwort in den Kommentaren dargelegt; daß wir die Türkei nicht als gutes Beispiel betrachten; daß uns bewußt ist, daß Steinigung vom Koran nicht als Strafe für Ehebruch vorgesehen wird, sondern 100 Schläge - offenbar für außerehelichen Geschlechtsverkehr jeder Art; und, daß es durchaus möglich ist, sich von den Strafbemessungen, die die jeweilige heilige Schrift vorschreibt, zu entfernen - nach unten oder nach oben.
Damit hätte alles klar sein sollen. Ralfi jedoch hat unseren Kommentar entweder nicht gelesen, oder er hat ihn nicht verstanden, wie man in den Kommentaren zu seinem Artikel Der Islam, das unbekannte Wesen nachvollziehen kann. Dieser Artikel selbst wird hier außenvor bleiben, weil er bereits vor unserem klarstellenden Kommentar erschienen war. Wir werden uns hier ausschließlich auf Ralfis letzten Kommentar zu ebendiesem Artikel beziehen und auch die vorhergehenden Kommentare unbetrachtet lassen.
Zwischenzeitlich waren wir übrigens von Ralfis WordPress als Spammer markiert worden, was von uns zunächst für ein Zeichen praktizierter Toleranz gehalten wurde, aber offenbar ein Versehen war:

Ralfi:

Spam Karma ist der Meinung das deine Kommentare ein negatives Karma (-8.5 bzw -12.5!) haben. Dem kann ich mich nur anschließen.

Gut. Nach eingehender Beratung mit seinen WordPress-Plugins hatte sich Ralfi entschieden, uns zu antworten. Die Antwort beweist, daß er auf eine vorherige Auseinandersetzung mit unseren Aussagen, den Fakten und der Logik verzichtet hatte und stattdessen eher intuitiv vorgegangen war, wobei ihn seine Intuition in skandalöser Weise im Stich lies:

Wenn die Rolle der Frau in der Gesellschaft vom Glauben abhängig ist, dann müssten in Amerika genauso oft Frauen gesteinigt werden. Ebenso in Berlin, Duisburg oder auf den Phillipinen. In China oder Japan werden auch keine Frauen gesteinigt. Ebensowenig in Thailand, Tibet oder Indien. Komischwerweise sind dies aber alles Länder in denen die Bevölkerung zum großen Teil dem Islam angehören.

Man führe sich bitte nochmals vor Augen, worum es hier eigentlich geht: Ralfi hatte angedeutet, daß Frauen in islamischen Ländern möglicherweise mit ihrer gesellschaftlichen Rolle gar nicht unzufrieden seien, woraufhin wir das Recht auf Steinigung ins Feld geführt hatten. Daß wir, wenn wir das Recht auf Steinigung betonen, uns nur auf solche Länder beziehen, in denen Steinigungen auch durchgeführt werden, hatten wir für nicht weiter erklärungsbedürftig gehalten, was offenbar ein Fehler war. Daß wir nie behauptet hatten, daß alle Muslime notorische Steiniger seien, daß sie also ständig das dringende Bedürfnis hätten, zu steinigen, und das völlig unabhängig von Kultur und Rechtssystem des Landes in dem sie aufgewachsen sind und wohnen auch täten, dürfte jedem klar sein, der unsere Einlassungen gelesen hat. Nur Ralfi nicht.
Als Nächstes erläutert er uns den Unterschied zwischen Religion und Kultur:

Ist schon schwer zwei Sachen wie Kultur und Religion auseinander zu halten, gell !?
In der Arabischen Kultur, die auch Länder wie Spanien und den Ural beeinflusst hat, werden Frauen bei Ehebruch gesteinigt. Das hat aber nichts mit dem Islam zu tun. Genauso gut könnte man behaupten das Teetrinken seine Wurzeln im Islam hätte. Und das alle Moslems ausschließlich Tee trinken.

So ist das also; was Weißwürste und Weißbier für den Bayern sind, daß ist die Steinigung für den Araber, der auch die Kultur von Nigeria maßgeblich beeinflußt hat. Und wir wissen jetzt auch, wie die zahlreichen Fälle von Steinigungen in Spanien zu erklären sind.

Um Ralfi besser zu verstehen kann es nützlich sein, sich sein Bild von Religionen im Allgemeinen vor Augen zu führen. Für Ralfi sind Religionen nämlich offenbar monolithische Gebilde, die ausschließlich durch ihre heiligen Schriften geprägt werden. Was 'eine Religion' vorsieht und was nicht, kann man dann z.B. durch Volltextsuche in einer digitalisierten heiligen Schrift bestimmen: "4 Treffer für 'steinigen'", aber keiner davon eine Aufforderung - wunderbar! "26 Treffer für 'steinigen'", einige davon Aufforderungen - bedenklich! Wenn man mit dieser Denkweise erst einmal vertraut ist, erklärt sich auch schnell, warum Ralfi meint, daß das Amt des Papstes und das Unfehlbarkeitsdogma bereits in der Bibel auftauchen - andernfalls wären sie ja nicht Teil der Religion. Und entsprechend muß dann auch das Steinigen ein integraler Bestandteil der jüdischen wie der christlichen Religion sein, denn in der Bibel ist es ja vorgesehen. Ralfi: "In der Bibel steht geschrieben das Maria Magdalena gesteinigt werden sollte." Wir wissen nicht, aus welchem Comic er das genau hat, aber im Prinzip liegt er zunächst einmal richtig - was allerdings auch von uns im dritten Kommentar zu Das Recht auf Steinigung bereits angemerkt wurde: Wenn auch nirgendwo in der Bibel geschrieben steht, daß Maria Magdalena gesteinigt werden sollte, so ist die Steinigung als Strafe im alten Testament doch vorgesehen und wurde auch zur Zeit Jesu noch fleißig angewandt. 1:0 für Ralfi?
Nicht ganz. Die jüdische und christliche Tradition - wenn man so will: Kultur - hat sich nämlich inzwischen von dieser Strafe, ganz gleich, ob in der Bibel vorgesehen oder nicht, verabschiedet, genau wie weitestgehend auch die 'islamische Kultur'. Wenn man bereit ist, den Begriff 'Religion' etwas über die Volltextsuche in religiösen Texten heiligen Schriften hinaus auszudehnen und zu schauen, wie eine Religion praktiziert wird, wird man feststellen, daß sich diese Religionen in diesem Punkt geändert haben, weil sie nicht mehr alle Vorschriften wörtlich nehmen und eins-zu-eins umsetzen; Kultur und Religion sind dabei auch nicht vollständig voneinander zu trennen. Wenn man aber Fälle betrachtet, in denen Frauen zum Tod durch Steinigung verurteilt wurden, so stellt man fest, daß diese Urteile stets - oder doch zumindest meistens - durch Gerichtshöfe gefällt wurden, die als rechtliche Grundlage die Scharia verwenden. Die Scharia basiert dabei auch, aber nicht ausschließlich auf dem Koran, sondern ebenfalls auf den Ahadith, den islamischen Überlieferungen; Berichten über Sprüche und Verhalten Mohammeds, die im Islam eine wichtige Rolle spielen und nicht einfach außenvor gelassen werden können. Sie sind nicht so zentral wie der Koran, aber noch immer wichtig. Und in diesen Schriften finden sich durchaus auch Steinigungsvorschriften.

Es sollte dabei klar bleiben: Selbstverständlich wenden nicht alle islamischen Staaten die Scharia an; nicht alle Staaten, in denen die Scharia angewandt wird, verhängen Steinigungsurteile, denn auch die Scharia ist kein eindeutig kodifizierter, monolithischer Block und kommt auch nicht immer vollständig zum Einsatz. Wo aber Steinigungsurteile verhängt werden, zeichnen dafür in der Regel Scharia-Gerichte verantwortlich, die sich nicht auf arabische Kulturwerte, sondern auf islamische Schriften berufen. Diese Urteile werden dort also im Namen des Islam gefällt, was natürlich nicht heißt, daß sie damit automatisch im Sinne aller Muslime wären. So wie sich Judentum und Christentum von dieser Strafe verabschiedet haben, wird sie heute auch vom größten Teil der Muslime abgelehnt. Jegliche Art von Verbindung zwischen bestimmten Auslegungen des islamischen Rechtes - aufgrund islamischer Schriften - und Steinigungsurteilen abzustreiten, ist allerdings nachweislich falsch und nicht dazu geeignet, die Auseinandersetzung mit diesem Thema in sinnvoller Weise zu beeinflussen.

Ein Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.