The trouble with fighting for human freedom is that one spends most of one’s time defending scoundrels. For it is against scoundrels that oppressive laws are first aimed, and oppression must be stopped at the beginning if it is to be stopped at all.
H.L. Mencken
Im Brussels Journal ist ein interessanter Beitrag zum Thema "Meinungsfreiheit in Europa" erschienen, der uns zu denken gegeben hat. Da erfährt man z.B., daß letzte Woche der französische Parlamentarier Christian Vanneste zu einer hohen Geldstrafe verurteilt worden ist, weil er im letzten Jahr geäußert hat, daß Homosexualität das Überleben der Menschheit gefährde, und daß die Heterosexualität der Homosexualität moralisch überlegen sei.
In Deutschland scheint dieses Urteil kaum Beachtung zu finden. Und was ist auch schon dabei: Der Mann hat unsinnige, diskriminierende Thesen von sich gegeben und mußte die entsprechenden Konsequenzen tragen. Und?
Schließlich muß man sich aber vielleicht doch fragen, wie ein solches Urteil noch mit Meinungs- und Redefreiheit zu vereinbaren sein soll. Wie stellt man sich denn die Meinungs- und Redefreiheit eigentlich vor? Als die Freiheit, alles zu sagen, das nicht dazu geeignet ist bei irgendwem Anstoß zu erregen? Als die Freiheit also, zu sagen, was immer man im Rahmen strenger Regeln denkt, und nichts zu sagen, wenn die Gedanken den Rahmen dieser Regeln einmal sprengen?
Man macht es sich, so glauben wir, sehr einfach, wenn man sich damit abfindet, daß Äußerungen bestraft werden, solange man selbst anderer Meinung und also auch nicht selbst betroffen ist. Für Meinungsfreiheit nur einzutreten, wenn es um die Freiheit der eigenen Meinung geht, erscheint uns jedenfalls nicht als etwas auffallend nobles. Zwar kann man durchaus auch die Meinung vertreten, daß gewisse Meinungen verboten gehören; aber dann sollte man auch so ehrlich sein, zuzugeben, daß man sich von Meinungs- und Redefreiheit verabschiedet hat. Vielleicht ist das ja der Preis, den man für den sozialen Frieden zu zahlen hat.
Als Martin Hohmann die Konsequenzen für seine unglaublich intelligente und scharfsinnige Analyse der verbrecherischen Gottlosigkeiten bei diversen Tätervölkern tragen mußte, da heulte auch schon mancher auf und sah die Meinungsfreiheit am Abgrund, vielleicht sogar schon im freien Fall ins bodenlose Nichts.
Das war in diesem Fall aber Unsinn. Hohmann war durch eine öffentliche Rede in die öffentliche Kritik geraten und die öffentliche Auseinandersetzung brach ihm letztlich - wenigstens politisch - das Genick. Es war der natürliche Lauf der Dinge; eine Partei entschied, daß jemand für sie nicht mehr tragbar sei und schloß ihn aus. Sowas passiert immer wieder mal.
Der Fall Vanneste ist davon aber gänzlich verschieden, denn hier geht es nicht um öffentliche Kritik an und öffentliche Auseinandersetzung mit einer legal vertretenen Meinung; hier geht es um die Bestrafung einer Meinung durch die Staatsmacht; es geht um ein Verbot.
Wenn die Staatsmacht die Arbeit öffentlicher Auseinandersetzungen übernehmen muß, dann riecht das nach einer Bankrotterklärung; nach vielleicht unheilbarem merkwürdigem Mißtrauen gegenüber der öffentlichen Meinung und dem 'mündigen Bürger'. Denn wenn Vannestes Äußerungen wirklich eine Gefahr darstellen sollten, dann ist Vanneste selbst gar nicht das Problem. Wenn sie keine Gefahr darstellen, gibt es keinen Grund, sie zu bestrafen.
Man kann eben nicht beides haben, Meinungsfreiheit und ausschließlich angenehme Meinungen; 'Freiheit in engen Grenzen' klingt nicht nur bescheuert, es ist bescheuert. Die Bestrafung von Meinungen muß Sache der Öffentlichkeit, nicht der Gerichte sein; und es gibt einen grundlegenden Unterschied zwischen der Verteidigung einer Meinung und der Verteidigung des Rechtes, sie zu äußern. Und so unangenehm es auch sein mag, so notwendig kann es auch gelegentlich sein, für ein Arschloch Partei zu ergreifen.