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Meinungsmenstruation

Meinungsmenstruation published on Keine Kommentare zu Meinungsmenstruation

Meine alte Universitätsseite Pretentious Student gibt es noch immer. Das wird sich auch so schnell nicht ändern, schon allein deshalb nicht, weil mich diese Seite immer wieder an die schöne, seit über einem Jahr vergangene Zeit erinnert, in der ich noch wenig bis gar nichts von der Blogosphäre wußte, also noch als vollwertiger Mensch angesehen werden durfte. Dennoch war die Zeit, in der ich PS betrieb, eine seltsame Phase meines Lebens. Das kann ich belegen, mit Textzeugnissen. Hier ist mein Tagebuch, das ich auf PS für kurze Zeit führte. Da wurde übrigens auch das Wort eingeführt, das später zum Namen dieses uns allen so heiligen Journals werden sollte. Mit der 'Lösung' war es also nicht so weit her.

15:51, Mittwoch, 09.03.2005: Ah! Ich sehe schon. Meine Gliedmäßigkeit hat sich selbst verwirklicht und geht nun eigener Wege, ohne die Meinungsmenstruation meines geliebten Urteilsvermögens abzuwarten. Das war auch nur eine Frage der Zeit. Denn in der Zeit sind alle Dinge Eines und Eines ist Alles, demvernehmlich also Gott, oder der Tod. Beachtenswert: Auch anorganische Stoffe schimmeln.
Wer hier jetzt eine triefschwitzende Kastrationsängstlichkeit herauszuinterpretieren gedenkt, der liegt natürlich grundsätzlich falsch. Es ist vielmehr das waghalsig wundersame Wandervermögen eines totgesagten und unlebendig geglaubten Gedankengeistes, der hier seine immerwährenden Kreise zieht inmitten einer allesumschlodernden Nichtsartigkeit. Das hört man in gewissen Avantgarde-Kreisen gerne. Blödsinn ist es dennoch auch, wie alles, und jede Bewegung ist theoretisch nur eine Veränderung der Lage von Massepunkten, die vielbeschworene geistige Beweglichkeit also theoretisch auch nur die Möglichkeit der Veränderung der Lage punktförmiger Geistesmassen im ach so fiberglasmäßig rigiden stabil labilen Faseruniversum.
Und der Mensch? Wo bleibt in alledem denn diese Menschlichkeit, von welcher menschliche Menschen so menschlich reden? Fast beunliebt es mir, das zu sagen, aber: Der Teufel hat sie gefressen. Der Teufel ist nämlich, trotz aller anderslautenden Behauptungen der Geistesmaterialisten und Naturkatastrophen, eine materialfundamentale Wirklichkeit im Dasein des Körpers gegen den Geisteskörper, oder auch im Verlangen nach Verlangen ohne Verlangen.

17:26, Donnerstag, 10.03.2005: Ob das alles so stimmt, ist natürlich auch wieder völlig unwichtig, und eine Rotationsbedinglichkeit macht dem Kuchen auch nicht die Hefe madig. Schließlich handelt es sich auch in allem und immerwieder nur um theoretisierend idealisierte Vorstellungskonstrukte des Punktgeistes, der sich mit dem Punktkörper zu messen zu versuchen anbeginnt und kläglich scheitert aufgrund verschiedenartig imaginierter und ausgeführter Realitätskonzeptionswirklichkeiten.
Jedenfalls ist jetzt wieder ein eindrückelicher Stillstand erreicht, in dessen mittlerer Hälfte sich entgegen manch einer faszinierten Erwartungshaltung kein Paralleluniversum aufzutun beliebt, sondern stattdessen nur eine wütende Müdigkeit, die am Sternum kratzt wie ein jünglicher Hund. Daß dabei keine Schmerzen entstehen, bedarf einer Klärung: Hunde haben stumpfe Krallen.

03:05, Freitag, 11.03.2005: Jetzt. Da ist es schon wieder. In einem immer enger werdenden Umkreisungsumkreis fügen sich die Dinge zusammen und zerfallen auseinander wie eine Riesenwurst im Wurstaufschneideapparat. Und die Ewiggleichheit des Ewiggleichen beweißt sich selbst eine liebenswerte Konstante im Doppeluniversum, das uns umdingt.
Mit immer umschlingeriger werdenden Wabbelarmen greift der Teufel sich die Massigkeiten im planetarischen Denkungsgebäude und preßt sie zusammen wie ein fabelhaftes Gedächtnisverbot, dann führt er eine Zerhackung durch und gibt das Aufschneidegewürst dem jünglichen Hunde.
Währenddessen haben sich die ungebetenen Gastfreundlichkeiten in eine unliebsamkeitsdurchtränkte Ecke des Hinterhaushofes zurückgezogen, wo sie die Gegenstände der allgemeinen wie der speziellen Weltherrschaftstheorie durchsprechen mit dem ungebrochenen Eifer eines immerwachstumsbefleißigten Stubenkarzinoms. Die Kerze brennt weiter hinunter und nähert sich dabei mit ihrer flammenden Wirklichkeit selbstverherrlicht dem Untersetzungsobjekt, das ihr unterliegt.
Jetzt ist natürlich alles still, denn soeben sind alle gestorben, aber nur kurzfristig, bald ist Wiederauferstehungstag. Die Existenz hat sich wieder in eine Punktförmigkeit begeben, und Bewegung heißt noch immer: Veränderung im Kleinen, im Großen oder im Unveränderlichen, das Blödsinn ist.

02:30, Samstag, 12.03.2005: "Was geschieht eigentlich da draußen?" Fragt sich das Dasein, während sich Geschehenes mit Ungeschehenem zu einer halbdokumentarischen Fiktionalwahrhaftigkeit verspinnt. Die Wahrheit erscheint nun als ein immerfliehender Schatten, der niemals das Universalgefängnis verläßt. Gespenst? Nein. Der Teufel? Nein. Wahrheit. Weiß ohnehin keiner, was das ist.
Darüber nachzudenken bereitet dem Geiste eine denkbar großangelegte Ungemütlichkeit, weshalb er sich auch gerne mit Lügen zufriedengibt, solange diese ausreichenden Amüsanzwertigkeitsangklang finden können. Und das Dasein hält währendessen den Teufel auf Distanz, der auch schon ganz erschöpft zu wirken sich bequemt wegen all seiner Kampferprobungen.
Der Teufel trägt jetzt eine merkwürdige Kappe, dreht sich im Kreis wie eine Elfe im Opiumrausch und singt Weihnachtslieder.
BILD meint: Eine Halluzination.

19:51, Sonntag, 13.03.2005: Hohoho. Heute ist nicht Weihnachten.
Bemerkenswert ist das nicht, wenn nicht Weihnachten ist, das kommt oft vor. Dennoch muß man sowas ja mal sagen dürfen, nicht wahr?

19:53, Dienstag, 22.03.2005: Huch! Schon weit über eine Woche keine Ausflüsse von Geistesschleim mehr. Der Mentalschnupfen scheint sich gelöst zu haben.
Ja, tatsächlich. Mir fällt hierzu nichts Dummes mehr ein. Es ist alles gesagt. Darum wird dieses Tagebuch in dieser Form hiermit vorerst

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