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Proletensex und Rantmachine

Proletensex und Rantmachine published on 10 Kommentare zu Proletensex und Rantmachine

Ich hätte mal eine Frage; kann mir die jemand beantworten? Welchen Quotenanteil an Talkshows, Boulevardmagazinen, Soapoperas und Telenovelas, Reality- und schlechten Comedy-Shows, stellen eigentlich diejenigen, die sich später darüber auslassen, wie verblödet, volksverdummend, niveaulos, kitschig, entwürdigend und unkomisch das alles gewesen sei? Es ist ja kaum vorstellbar, daß diejenigen, die ständig greinen, kaum je das gesehen haben, worüber sie sich die Seele aus dem Leib motzen. Also?

"Es ist wie ein Autounfall. Schrecklich, aber man muß trotzdem hinsehen." Diesen Vergleich gebraucht eine Freundin gelegentlich. Auch hier irgendwie treffend, oder? Und es ist ja auch manchmal sehr befriedigend, sich zu denken "das hätte sogar ich besser gekonnt!" wenn die Laienschauspieler in einer der volksbildenden Richtershows gerade wieder besonders spektakulär versagen. Oder sich blöd zu lachen, wenn ein hutzeliges Männchen mit Schnurrbart und Hornbrille seiner Dreizentnerfreundin mit Hasenscharte und Damenbart öffentlich mitteilt, er sei nunmal eine Sexmaschine und wolle eine offene Beziehung führen. Da kommt's einem doch wie ein billig gewonnener Ersatzorgasmus; hochgekriegt und runtergeholt am Fetisch der eigenen Überlegenheit. Ein wirklich faszinierendes Prinzip.

Fesseln diese Sendungen letztlich vielleicht sogar mehr Menschen, die sich das Ganze nur ansehen, um sich sagen zu können "War das heute wieder schlecht!" als solche, denen es wirklich gefällt? Und ist am Ende vielleicht das Bedürfnis nach Kritik an der Nichtswürdigkeit des Fernsehprogrammes die eigentliche Rechtfertigung für dieses Programm, weil es einfach schöner, spannender und manchmal - wenn man es gut macht - sogar anspruchsvoller ist, über das Furchtbare zu schimpfen und zu lästern, als das Schöne zu loben? Ist der Schundanteil möglicherweise gar nicht auf irgendwelche strunzdummen Massen zurückzuführen, die nichts anderes wollen, weil sie nichts anderes begreifen, sondern auf eine gigantische Rantmachine, die Treibstoff braucht?

Weiß das jemand?

10 Kommentare

Schwer zu sagen. Die Lust am "Bad Taste" scheint ja nicht totzukriegen zu sein, die Spex hat zum Jahresende z.B. auch die Kategorie "Peinlichster Lieblingssong des Jahres", jeder lästert, alle kaufen die Single. Wenn ich mal zum Fernsehen komme, bin ich bei Talk- und Gerichtsshows immer ziemlich entsetzt und schalte weiter. Ich denke, daß das bei den meisten (reflektierten) Kritikern des Nachmittagsprogramms ähnlich ist, ich hoff´s zumindest.
Beim Autounfall hat man immerhin noch die Möglichkeit, nach dem ersten Entsetzen Erste Hilfe zu leisten, die kommt aber beim Nachmittagsprogramm zu spät.
Gretchenfrage: wie hältst du´s denn mit Gerichtsshows? 😉

Ja, ganz ohne Hemmungen: Ich habe mir den Richterstuß gern und häufig angetan. Das war immer sehr vergnüglich für mich und hatte einen gewissen Fessel-Faktor. Mag peinlich sein, ist aber so.
Seit ich umgezogen bin, habe ich keinen Fernseher mehr zur Verfügung, deshalb hat sich das Thema weitestgehend erledigt.
Vor den Richtershows saß man davor auch häufiger gemeinsam - der Fernseher lief, und irgendwann blieb man da hängen, weil es noch immer der amüsantester Schwachsinn war. Sich alleine seine Tage damit zu vertreiben wäre dann doch zu blöde.

Na, dann hau´ ich jetzt hier auch mal einen raus:
mein peinlichster Lieblingssong ist Toxic, weil er mich so an London 2004 erinnert, lief da ständig irgendwo....
Schlimmste Fernsehsünde: mmmh, schwer ohne Fernseher, aah, letzte Woche zum Traumschiffkucken mit 2 Frauen verdonnert worden, Plot war aber nicht auszuhalten, Zett Dee Efff eben.

Oh ja. Es gibt schon einiges an Peinlichkeiten. Ist auch bemerkenswert, daß Lieder, die man eigentlich auf den Tod nicht ausstehen kann, sich als Ohrwürmer festsetzen können. Vielleicht gibt es einfach einen Unterschied zwischen dem tatsächlichen Geschmack und dem, zu dem man sich bekennt. Unter unserer dicken Schale sind wir wahrscheinlich alle geschmacksgestörte Einfaltspinsel... Man darf gar nicht dran denken.

ich sag ja zu beschissenem fernsehen! ich gucke es, ich beschwere mich darüber, ich nöle rum und trotzdem (oder gerade deshalb???) ist es die großartigste gelegenheit, einen angenehmen zustand von leerlauf im hirn zu erreichen. ist die sendung vorbei, wird wieder in den richtigen gang geschaltet und somit kommt auch die erkenntnis "wat´n scheißdreck....".

so einfach ist das manchmal.

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