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zerfetzte Ausbrüche des Punktgeistes

Der Mann am Ölfaß

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„Der Mann da drüben sitzt schon seit drei Tagen an das alte Ölfaß gelehnt und hat sich, solange ich ihn beobachtet habe, noch kein einziges Mal gerührt. Bitte sieh nach ihm und frag ihn, ob wir ihm irgendwie helfen können, falls er noch nicht tot ist.“ Sagte meine Mutter zu mir und „Ja, Mama“ antwortete ich, ließ meine Puppen liegen und trat vor die Tür. Die 30 Schritte bis zum Ölfaß ging ich ohne Hast und stellte mich neben den alten Mann. Seine Augen waren geschlossen, „Hallo mein Herr!“ Sagte ich. Es geschah nichts; ich wartete einige Zeit. „Hallo mein Herr!“ wiederholte ich etwas lauter. Nichts. „Hallo mein Herr!“ sagte ich nun in einem etwas festeren und stimmvolleren Tonfall. „Schrei den Mann nicht so an, das gehört sich nicht!“ Rief meine Mutter vom Haus herüber. In diesem Moment zwinkerte der Alte. Zwei, drei Mal. Dann öffnete er die Augen und sah mich an. „Hmmmh!“ Stieß er aus. Er blickte böse. „Meine Mutter schickt mich sie fragen, ob wir ihnen irgendwie helfen können.“ Sagte ich höflich. „Hmmh!“ Entgegnete der Alte. „Was zu essen wär’ nicht schlecht!“ Er rappelte sich auf und ging ohne ein weiteres Wort auf unser Haus zu. Ich ging hinter ihm her.
„Nett habt ihr’s hier!“ sagte er schroff als er unser Wohnzimmer betreten hatte. Dann setzte er sich wortlos auf die Eckbank an unserem kleinen Eßtisch „Was gibt’s heute?“ Fragte er. Sein Tonfall hatte sich nicht verändert. „Fisch.“ Antwortete meine Mutter. „Fisch? Fisch!“ sagte der Alte, ziemlich laut. „Die letzten drei Monate habe ich nur Fisch gegessen, und jetzt? Wieder Fisch!“ – „ Es gibt nur Fisch, was anderes kann ich nicht anbieten.“ War die Antwort meiner Mutter. „Was gibt’s dazu?“ Bellte der Alte. „Salzkartoffeln.“ Der Alte riß, mit gespannten Lippen, seine Augen weit auf. Dann brachen seine Lippen auseinander und aus seinem Mund stießen einige derbe Flüche hervor. Er richtete sich auf und wirkte mit einem Mal übergroß. Darauf griff er einen der am Tisch stehenden Stühle und schlug ihn dreimal auf den Boden, sodaß ihm alle Beine abgingen. Die Trümmer warf er, noch immer tobend, in das fast erloschene Feuer im Kamin, wobei er brüllte: „Und Brennholz legt auch keiner nach!“ Dann warf er sich wütend auf den Sessel vor dem Fernseher, griff nach der Fernbedienung und schaltete eine Sendung ein, in der sich nackte Frauen gegenseitig mit Honig einrieben. Ich ging zu meiner Mutter hinüber. Sie legte gerade die Zitrone auf den dritten Fisch. „Mama?“
„Ja Schatz?“
„Warum läßt Du das zu?“
„Was?“
„Warum darf der Mann so böse sein und trotzdem bei uns essen?“
„Schatz, das ist dein Vater.“

Geburtstagsüberraschung

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Es war am Morgen des 3. März, meines Geburtstages (ich wurde an jenem Tag 25), daß meine drei besten Freunde in mein Zimmer stürmten, mich aus dem Bett rissen, mir die Fingerknochen brachen, die Achillessehnen durchtrennten und mich aus dem Fenster warfen. Ich landete weich auf den Matratzen, die auf der Ladefläche eines Kleinlasters lagen, den man zuvor unten auf der Straße vor meinem Fenster bereitgestellt hatte. Reglos verharrte ich dort. Bald kamen meine Freunde hinunter, stiegen in das Führerhaus des Lasters ein und fuhren mit mir fort. Man fuhr zu einem 10 km entfernt gelegenen See, an welchem einer meiner Freunde ein Bootshaus besaß. In diesem Bootshaus legte man mich ab und verschwand. Den Rest meines Geburtstages verbrachte ich dort, unfähig mich zu bewegen und große Schmerzen ertragend. Erst spät in der Nacht holte man mich wieder ab und versorgte mich notdürftig.
Wie sehr ich mich auch bemüht habe: Bis heute ist es mir nicht gelungen, aus meinen Freunden herauszubringen, warum sie das damals getan haben.