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Was macht eigentlich...

Was macht eigentlich... published on Keine Kommentare zu Was macht eigentlich...

...das uns tyrannisierende Gesellschafts-Etwas?

»Ich weiß doch nicht«, wiederholte Wüllersdorf. »Ich mag nicht gerne zu der alten abgestandenen Phrase greifen, aber doch läßt sich's nicht besser sagen: Innstetten, es ruht alles in mir wie in einem Grabe.«

»Ja, Wüllersdorf, so heißt es immer. Aber es gibt keine Verschwiegenheit. Und wenn Sie's wahrmachen und gegen andere die Verschwiegenheit selber sind, so wissen Sie es, und es rettet mich nicht vor Ihnen, daß Sie mir eben Ihre Zustimmung ausgedrückt und mir sogar gesagt haben: ich kann Ihnen in allem folgen. Ich bin, und dabei bleibt es, von diesem Augenblick an ein Gegenstand Ihrer Teilnahme (schon nicht etwas sehr Angenehmes), und jedes Wort, das Sie mich mit meiner Frau wechseln hören, unterliegt Ihrer Kontrolle, Sie mögen wollen oder nicht, und wenn meine Frau von Treue spricht oder, wie Frauen tun, über eine andere zu Gericht sitzt, so weiß ich nicht, wo ich mit meinen Blicken hin soll. Und ereignet sich's gar, daß ich in irgendeiner ganz alltäglichen Beleidigungssache zum Guten rede, »weil ja der dolus fehle« oder so was Ähnliches, so geht ein Lächeln über Ihr Gesicht, oder es zuckt wenigstens darin, und in Ihrer Seele klingt es: 'Der gute Innstetten, er hat doch eine wahre Passion, alle Beleidigungen auf ihren Beleidigungsgehalt chemisch zu untersuchen, und das richtige Quantum Stickstoff findet er nie. Er ist noch nie an einer Sache erstickt.' … Habe ich recht, Wüllersdorf, oder nicht?«

Wüllersdorf war aufgestanden. »Ich finde es furchtbar, daß Sie recht haben, aber Sie haben recht. Ich quäle Sie nicht länger mit meinem 'Muß es sein?'. Die Welt ist einmal, wie sie ist, und die Dinge verlaufen nicht, wie wir wollen, sondern wie die andern wollen. Das mit dem 'Gottesgericht', wie manche hochtrabend versichern, ist freilich ein Unsinn, nichts davon, umgekehrt, unser Ehrenkultus ist ein Götzendienst, aber wir müssen uns ihm unterwerfen, solange der Götze gilt.«
[Theodor Fontane. Effi Briest]

Na, diesen Götzen zumindest sind wir los.

Evolutionsphilosophie

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Philosophers who apply the theory of evolution generally do so in a very simple way. The philosopher picks some capacity that human beings have, a capacity which it is in one way or another useful for human beings to have, and argues that it must have been selected for in the evolutionary process. This use of the theory of evolution is one that many evolutionary biologists find extremely questionable. The working evolutionary biologist does not assume that every useful capacity of a species is the result of selection. A genetic alteration frequently has many different effects. If any one of those effects contributes markedly to the reproductive success of members of the species having that gene, then that new genetic trait will be selected for, and other side effects, provided they are not so negative as to cancel out the benefits of having the new genetic trait, will be carried along. In this way, it can even happen that a trait which does not contribute to the survival potential or the reproductive success of a species, or even one which it would be better for the species not to have, arises through natural selection without itself being selected for. But it can also happen that the trait which is carried along is actually beneficial to the species, although that is not the reason why the trait became universal in the species. In general, the assumption that every change in a species which is beneficial to the species was specifically selected for is rejected in contemporary evolutionary theory. Evolutionists are extremely cautious about saying which capacities and organs and so on were specifically selected for (were “adaptations”) in the evolutionary history of a species and which ones arose serendipitously. Philosophers, however, are not so cautious.

[Hilary Putnam; Renewing Philosophy (Gifford Lectures), Kap. 2]

Diese Art Philosoph nennt sich heute Evolutionspsychologe und ist in Funk und Fernsehen sehr beliebt dafür, daß sie uns die letzten Geheimnisse der menschlichen Art offenbart, indem sie sich Geschichten aus der Steinzeit ausdenkt; oder? Züchtigt mich, wenn ich falsch liege.